Systemisches Business Coaching
In diesem Teil wird das Konzept des systemischen Business Coachings behandelt. Im ersten Schritt werden die einzelnen Begriffe erklärt und anhand dieser an die Theorie hinter dieser speziellen Form des Coachings herangeführt.
Coaching
Die Wortherkunft wurde schon zur Genüge in der Literatur behandelt, weswegen an dieser Stelle nicht abermals auf Pferdekutschen3 eingegangen wird. Unter Coaching wird unter anderem eine spezielle Beratungsform verstanden, bei der die Prozessbegleitung und nicht der Ratschlag im Vordergrund steht: Die das Coaching in Anspruch nehmende Person wird methodisch begleitet und dabei unterstützt, aus sich heraus eine individuelle Lösung zu entwickeln. Wenn in dieser Arbeit der Begriff Coaching verwendet wird, so ist die o.g. Beratungsform gemeint.
In ihrem Buch “Beratung ohne Ratschlag”(Radatz 2009, S. 85) beschreibt die Autorin S. Radatz das (systemische) Coaching als
[…] die maßgeschneiderte Problemlösung im Spannungsdreieck zwischen Beruf, Organisation und Privatleben oder in einem dieser drei Bereiche – eine Problemlösungsmethode, in welcher der Coach für die passenden Fragen, hilfreichen Zusammenfassungen und die Einhaltung des Ablaufs verantwortlich ist, und der Coachee eigenständige Lösungen für seine Situation – für seine anstehenden Fragestellungen – findet.
Eine alternative Definition findet sich bei S. Greif, die hier zusätzlich Erwähnung findet, weil sie das Coaching von der Therapie explizit abgrenzt (Greif 2008, S. 69):
Coaching ist danach eine intensive und systematische Förderung ergebnisorientierter Reflexionen und Selbstreflexionen sowie Beratung von Personen oder Gruppen zur Verbesserung der Erreichung selbstkongruenter Ziele oder zur bewussten Selbstveränderung und Selbstentwicklung. Ausgenommen wird dabei die Beratung und Psychotherapie psychischer Störungen.
Unter Selbstkongruenz wird dabei verstanden, “[...] inwiefern das Real- und Idealselbst miteinander übereinstimmen”(Rauthmann 2017, S. 159). Zu den Unterschieden zwischen Coaching und Psychotherapie ergänzt S. Greif (Greif 2008, S. 70):
Coaching unterscheidet sich von der Psychotherapie in zweierlei Hinsicht: a) Coaching dient nicht zur Therapie psychischer Störungen, b) Im Unterschied zur Psychotherapie erfordert professionelles Coaching im Allgemeinen Wissen, Erfahrungen und Kompetenzen zur Durchführung intensiver uns systematischer Analysen oder Reflexionen der verschiedenen Ebenen sozialer Systeme (Individuum, Gruppe, Organisation und Wirtschaft).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass beim Coaching der Coach als Moderator durch den Prozess führt und einem Coachee dabei behilflich ist, aus sich heraus eine Lösung zu entwickeln. Obgleich der Coach Erfahrung und diverse Kompetenzen mitbringt, wird das nicht dazu genutzt, dem Coachee eine “Lösung” vorzugeben.
Systemisches Coaching
Bereits weiter oben taucht in der Definition des Coaching das Wort systemisch auf. S. Radatz betont, dass der Begriff recht inflationär verwendet wird und “[...] mit den Grundanahmen systemischen Denkens nicht viel gemein [hat], [...]” (Radatz 2009, S. 55). M. Fischer-Epe versteht unter dem systemischen Coaching-Verständnis eine Grundhaltung, die den Coachee in einem verflochtenen System sieht, das in seiner Gesamtheit betrachtet werden muss, um das Verhalten und mögliche Ziele zu verstehen. Sie schreibt (Fischer-Epe 2013, S. 28):
Menschen, ihr Verhalten, ihr Erleben und ihre Ziele sind nur im Kontext ihrer sozialen Bezüge und Rollen, ihrer Kommunikation und Interaktion zu verstehen. Das Zusammenspiel von Menschen in Organisationen lässt sich erst vor dem Hintergrund bestehender Strukturen, Hierarchien, Aufgaben, Grenzen, Regeln begreifen.
Mit Blick auf das Coaching schreibt sie weiter:
Im Coaching fördern wir daher die mehrperspektivische Betrachtungsweise, um der Komplexität der Fragestellungen gerecht zu werden, um Interaktionen in ihren Wirkungen und Wechselwirkungen zu verstehen und angemessene Lösungen erarbeiten zu können.
Auch S. Radatz betont die Notwendigkeit, die Wechselwirkungen zu beachten und ins Denken einzubeziehen, da “[...] alles [...] auf alles einen Einfluss [hat].”(Radatz 2009, S. 64)
Dieses zirkulär-kausale Denken ist wichtig, da bestimmte Verhaltensweisen oder Ereignisse keine eindeutige Ursache erkennen lassen, sondern erst bei der Betrachtung des gesamten Systems eine Geschichte entsteht (vgl. (Radatz 2009, S. 66)).
Business Coaching
Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich bei dieser Coaching-Form um eine Beratungsleistung mit Bezug zum Geschäftsleben. Personen, die diese Form des Coachings beanspruchen, kommen mit beruflichen Themen. Das bedeutet aber nicht, dass das Private gänzlich ausgeschlossen wird. Beruf und Privates hängt nicht erst seit der populären Verwendung von Begriffen wie Work-Life-Balance stark zusammen und oft haben berufliche oder private Entscheidungen Auswirkungen auf die jeweils andere Seite. Dennoch geht es dabei nicht um Klärung von Lebensfragen, sondern um das Lösen von Themen mit starkem Arbeitsbezug. In (Kahn 2011) wird dabei die Definition des Worldwide Association of Business Coaches verwendet:
BUSINESS COACHING is defined as ‘a process of engaging in meaningful communication with individuals in businesses, organisations, institutions or governments, with the goal of promoting success at all levels of the organisation by affecting the actions of those individuals’.
Durch den Verfasser dieser Arbeit ins Deutsche übersetzt:
BUSINESS COACHING wird definiert als “ein Prozess der sinnvollen Kommunikation mit Einzelpersonen in Unternehmen, Organisationen, Institutionen oder Regierungen, mit dem Ziel, den Erfolg auf allen Ebenen der Organisation zu fördern, indem die Handlungen dieser Personen beeinflusst werden”.
Dieser Definition folgend, geht es also darum, einer Organisation zu helfen, indem einem Mitarbeiter durch Coaching geholfen wird, eine Herausforderung zu meistern, einen Konflikt zu lösen oder ähnliches. Die Auftraggeberin ist oft die Organisation selbst und teilweise wird einer Person durch die übergeordnete Führungskraft zu einem Coaching geraten, sodass die Maßnahme mehr oder weniger freiwillig erfolgt. Das muss allerdings nicht problematisch sein, da gemäß K. von Schuhmann “nicht die Freiwilligkeit, sondern die Veränderungsmotivation von Coachees [...] die entscheidende Voraussetzung für effektives Coaching [darstellt]”(Schuhmann 2010).
In Ihrem Podcast “Business-Coaching and more”, diskutieren die beiden Psychologen Dr. C. Rauen und A. Steinhübel einen möglichen schlechten Ruf, der sich aus dieser Nicht-Freiwilligkeit ergeben kann. Das kann daraus resultieren, dass Coaching stark “defizitorientiert” angeboten wird. Die Inanspruchnahme des Coachings wird dann als “Stigmatisierung” wahrgenommen, das nur bei Problemen Anwendung findet. Sie betonen daher, dass es wichtig ist, auch auf Aspekte der “positiver Leistungsorientierung, von Entwicklung, von Potentialförderung” zu fokussieren, damit es nicht “zum Nachsitzen für Leistungsschwache wird, die es nicht bringen”, sondern eben auch dabei unterstützt, von einem “guten auf einen sehr guten Level zu kommen.” (vgl. (Rauen 2022, Min. 07:40)).
Ob nun zur Problemlösung oder zur Potentialförderung – der Prozess führt zum Umdenken und einer Verhaltensänderung beim Coachee und damit im optimalen Fall zu einer gewünschten Reaktion der Umwelt auf diesen persönlichen Wandel. Veränderung bedeutet, dass man sich von alten Denkmustern wertschätzend verabschieden muss, um sich dem Ungewohnten zu stellen. Eine Methode oder ein Veränderungsprozess, der dabei während des Coachings zur Orientierung verwendet werden kann, ist die Theorie-U von Otto Scharmer, die im folgenden Teil kurz vorgestellt wird.
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Der Scrum Guide ist das offizielle Regelwerk zum Vorgehensmodell SCRUM. Er kann unter https://scrumguides.org/ kostenlos abgerufen werden.↩︎
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Auf der Internet-Seite https://retromat.org/ (besucht am 26.4.2022) gibt es eine quelloffene Zusammenstellung von Aktivitäten für Retrospektiven, mit Anleitungen in vielen Sprachen und teilweise angefügten Beispielbildern.↩︎
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Interessierte Leserinnen und Leser werden auf den Wikipedia-Artikel verwiesen, der unter anderem auch auf die Etymologie des Wortes eingeht: https://de.wikipedia.org/wiki/Coaching (Besucht am 27.4.2022)↩︎
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Das Kunstwort setzt sich zusammen aus den beiden englischen Wärtern Presence und Sensing, also Gegenwart und Fühlen↩︎
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Mit Downloading ist das reine Abladen/Beschreiben von Problemen beim Gegenüber gemeint, ohne vordergründig eine selbstwirksame Lösung zu suchen.↩︎