Der Warntag war ein Erfolg – Ein Blick auf die Fehlerkultur

Am 10. September fand nach 30 Jahren wieder ein Warntag in Deutschland statt. Groß angekündigt warteten viele gespannt auf aufheulende Sirenen, Programmunterbrechungen und Benachrichtigungen auf den Smartphones. Um 11 Uhr dann blickten alle gebannt auf ihre Geräte. Und es passierte nichts.

Schnell wurde von der "Panne beim Warntag" gesprochen und Kritik laut am Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Dabei war der #Warntag2020 ein voller Erfolg!

Ein Test kann auch Fehlschlagen

Es ist keine Panne und es ist auch nicht peinlich, wenn ein Test oder ein Probelauf fehlschlägt. Genau deshalb macht man ja Testläufe, um mögliche Fehler rechtzeitig aufzudecken und damit korrigieren zu können, ehe es zu einem wirklichen Ernstfall kommt. Warum sollte man überhaupt noch Tests machen, wenn davon ausgegangen wird, dass immer alles perfekt zu funktionieren hat?

Es zeigt sich an diesem prominenten Beispiel, wie es um die Fehlerkultur steht. Es wird erwartet, dass immer alles klappt und wehe, wenn nicht! Dann werden Rufe nach Konsequenzen laut, Schuldige werden ausgemacht, Strafen verhängt. Denn offensichtlich hat ja jemand seine Hausaufgaben nicht richtig gemacht, nicht richtig geplant, entworfen, spezifiziert - sonst hätte es den Fehler ja nicht gegeben.

Diese Kultur der Angst führt dann aber zum genauen Gegenteil, wie wir leider schon häufiger erleben konnten. Aus Angst werden entdeckte Fehler verschwiegen, unter den Teppich gekehrt und gehofft, dass es schon nicht so schlimm kommt. Angst ist aber kein guter Ratgeber.

Try and Error

Dabei ist niemand wirklich in der Lage, die komplexen Sachverhalte moderner Systeme vollständig zu überblicken und zu verstehen. Daher ist ein Try and Error-Vorgehen oft die einzige Möglichkeit, ans Ziel zu kommen.

Ein Positivbeispiel ist hier die Transparenz eines jungen amerikanischen Raketenbauers: Das Unternehmen hat nicht verheimlicht, wenn ein neues experimentelles Raketenmodell beim Start oder bei der Landung explodiert ist. Mehr noch: Diese Versuche wurden live gestreamt und man konnte die Spannung miterleben, die im Mission Control Center vorherrschte. Explodierte etwas, waren die Leute sichtlich betroffen. Aber dann wurde die Ursache untersucht, Verbesserungen implementiert und erneut getestet.

Gehen lernen geht nicht ohne blaue Flecken

Fehlschläge gehören dazu und sollten daher gefeiert werden, als eine Gelegenheit, zu lernen und sich zu verbessern. Laufen gelernt haben wir alle nur schmerzhaft und durch viel Bodenkontakt. Hätten unsere Eltern damals nach dem ersten Versuch, dem ersten Fall, sofort nach Konsequenzen (wie dies aktuell im Fall des BBK passiert) gerufen, wir wären nie wieder aufgestanden.

30 Jahre sind eine lange Zeit und die technischen Gegebenheiten und Systeme haben sich so stark verändert, dass man tatsächlich schon fast von den ersten Gehversuchen eines bundesweiten Probealarms reden kann.

Und ehrlich gesagt würde ich mir mehr Sorgen machen, wenn alles glatt läuft, denn dann stellt sich die Frage, ob man ausreichend kritisch getestet hat.

Ich bin jedenfalls schon auf den #Warntag2021 gespannt.

Nachtrag 17.9.2020

Wie es scheint, wurde nun der Schuldige gefunden und der Chef des BBK muss seinen Posten räumen. Ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte. Fehlerkulur heißt, dass man keine Angst haben muss. Die Konsequenz wird doch in diesem Fall ein mal mehr sein, dass Fehler unter den Teppich gekehrt werden aus Angst vor Konsequenzen.